Corona erschwert die Berufsorientierung: Viele Lehrstellen sind noch unbesetzt. Das bestätigt der Vorstand der Unternehmensinitiative „taff“ (technische Ausbildung für Fachkräfte), die hinter der Ausbildungswerkstatt an der Industriestraße in Bassum steckt. Das Twistringer Projekt „Passt dat?“ setzt auf eine Kooperation mit Schulen. © Katharina Schmidt
Neue Kooperationen mit Schulen
Bassum / Twistringen – Es ist August, und damit beginnt für viele junge Menschen ein neuer Lebensabschnitt: die Ausbildung. Viele Lehrstellen sind jedoch noch unbesetzt. Das bestätigt der Vorstand der Unternehmensinitiative „taff“ (technische Ausbildung für Fachkräfte), die hinter der Ausbildungswerkstatt an der Industriestraße in Bassum steckt. Problem ist, wie so oft, Corona.
Ein Lösungsansatz sind neue Kooperationen mit Schulen. Auf solche setzt auch das Twistringer Projekt „Passt dat?“.
Christoph Westerkamp ist Geschäftsführer der Bassumer Zahnradfabrik Stelter und Vorsitzender von „taff!“. Wenn er über die Berufsorientierung in Corona-Zeiten redet, dann spricht er vor allem über ausgefallene Veranstaltungen. Über fehlende Kontakte bei Berufsmessen. Und er spricht über Schüler, die eine Ausbildung beginnen könnten, aber noch keine Antwort haben auf die Frage: Was willst du denn mal werden?
Ausbildungsleiter Markus Tönje (Mitte) bei der Arbeit.© TAFF
„Es ist schwierig, an die Schüler heranzukommen“, sagt Westerkamp. Thomas Roess, stellvertretender „taff!“-Vorsitzender, bekräftigt das. Er ist Geschäftsführer der A. H. Meyer Maschinenfabrik in Twistringen. Diese zählt, ebenso wie die Zahnradfabrik Stelter, zu den aktuell zehn Mitgliedsunternehmen von „taff!“.
Die zehn Betriebe kommen in diesem Jahr zusammen auf 15 neue Azubis. Am Freitag wurden die Nachwuchskräfte bei einer „Kick-off-Veranstaltung“ in der Ausbildungswerkstatt an der Industriestraße begrüßt. Dort werden sie allein im ersten Lehrjahr in zwei Unterrichtsblöcken mehr als 50 Tage verbringen, ergänzend zur Ausbildung in Betrieb und Berufsschule.
2020 waren es noch 24 neue Azubis, obwohl damals drei Firmen weniger im Boot waren. „Es könnten also deutlich mehr Auszubildende sein“, bringt es Westerkamp auf den Punkt. Die Chancen stehen also nicht schlecht für diejenigen, die derzeit eine Stelle suchen. Viele Betriebe nehmen auch noch im September Lehrlinge auf.
Konzentriert: Die Jungs bauen Kräutertreppen.© Taff
Unter den 15 neuen Azubis ist eine Frau. Eine weitere fängt direkt beim Netzwerk „taff!“ an, das ebenfalls Arbeitgeber ist. Die Quote bestärkt: Die technische Ausbildung ist männerdominiert. „Wir würden uns freuen, wenn sich mehr Frauen für technische Berufe interessieren würden“, sagt Westerkamp. Da kommt wieder das Thema Berufsorientierung ins Spiel. Neue Kooperationen zwischen „taff!“ und Schulen soll jungen Leuten helfen, herauszufinden, ob ein technischer Beruf etwas für sie ist – und wenn ja, welcher. Ein Kooperationspartner sei die Lukas-Schule, verrät Derya Vurgun, Netzwerkkoordinatorin bei „taff!“.
So besuchten 24 Schülerinnen und Schüler der Lukasschule kürzlich die A. H. Meyer Maschinenfabrik. Mit Fragen zu kleinen Materialrechnungen und der Schätzfrage, wie teuer wohl eine rechnergesteuerte Fräsmaschine ist, waren die Kinder stets eingebunden und lernten einiges über die Produktionsabläufe in einer Maschinenbaufirma.
Zur Betriebsführung gehörte auch ein Besuch direkt bei taff! in Bassum. Dort bauten die Kinder mit dem Ausbildungsleiter des „taff!“-Netzwerkes, Markus Tönjes, eine Kräutertreppe mit integriertem Bewässerungssystem. Am Ende des Tages blickten sie voller Stolz auf ihre Werke.
Auch mit Schülerinnen und Schülern des Hildegard-von-Bingen-Gymnasiums baute Tönjes in der Ausbildungswerkstatt Kräutertreppen. Dabei verdeutlichte er, dass Winkelfunktionen und der Satz des Pythagoras nicht nur bei Matheklausuren nützen.
Tadaaa: Eine fertige Kräutertreppe.© TAFF
Der Besuch des Gymnasiums resultierte aus dem Twistringer Projekt „Passt dat?“, bei dem Stadt, Landkreis, Schulen und Unternehmen an einem Strang ziehen, um praxisnahe Einblicke in die Berufswelt zu geben. Und zu diesem Projekt passt eben auch das „taff!“-Netzwerk. Letztlich gibt es ein gemeinsames Ziel: Nachwuchskräfte in der Region halten.
Für die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums ist mit dem Bau der Kräutertreppen übrigens nicht Schluss. Ein weiteres Projekt steht schon in den Startlöchern. Roess: „In Kooperation mit unserem Partner aus Frankreich bieten wir der Französischklasse von Frau Diedrich eine Unterrichtsstunde in Bewerbungsschreiben an. Dadurch können die Schülerinnen und Schüler ihre Französischkenntnisse optimal in der Praxis anwenden und erhalten direktes Feedback – natürlich auf Französisch.“