20210624

Viele Hände, schnelles Ende: Rund 15 Helfer, Schüler des Gymnasiums und rüstige Rentner, packen gemeinsam an beim Tafel-Umzug. Das Unternehmen Kögler aus Twistringen stellt einen Lkw mit Hebebühne. Foto: Hühne

Tafel Twistringen bezieht neue Räume an der Vechtaer Straße 6

Twistringen – Der ersehnte Tag ist da. Die Tafel Twistringen verlässt ihren alten Standort an der Straße Osterkamp und bezieht die neuen Räume in der Stadtmitte an der Vechtaer Straße 6. Am Montag begann das Verladen von schweren Tischen, großen Regalen und sperrigen Gegenständen.

Zur großen Freude von Bianca Iacovozzi, Leiterin der örtlichen Tafel, stellte das Unternehmen Kögler einen Lastwagen für den Umzug zur Verfügung. „Das ist eine enorme Hilfe, und das tollste: Der Lkw hat eine Hebebühne“, sagt sie. „Das ist für uns eine super Sache.“ Zustande kam der Kontakt zwischen dem Twistringer Traditionsunternehmen und der Tafel durch einen Aufruf in unserer Zeitung. In einer Vorankündigung berichteten wir über den nun laufenden Umzug und der Suche nach einem großen Transportfahrzeug.

Das Unternehmen Kögler, gegründet 1819, ist auf die Entwicklung, die Herstellung und den Vertrieb von Deko- und Verbrauchsprodukten spezialisiert.

Im Tafel-Gebäude am neuen Standort, wo vor rund 30 Jahren der Bauhof der Stadt Twistringen ansässig war, sind derweil die Maurer- und Putzarbeiten abgeschlossen. Handwerker mussten zuvor aus hygienischen Gründen eine neue Decke einziehen. Andreas Seidel, langjähriger ehrenamtlicher Helfer, zeigt das Innere. „Das ist der wichtigste Raum“, sagt er und deutet auf die neue Kühlkammer. Eine begehbare Konstruktion mit zwei Räumen. „Hinten ist die Tiefkühltruhe, vorne die normale Kühlung“, erklärt Seidel. Im Grunde ist es ein Kühlschrank, wie man ihn von zu Hause kennt, nur eben viel, viel größer. Die Tafel-Mitarbeiter frieren dort beispielsweise Würstchen und Kuchen ein, um sie länger aufzubewahren. Manchmal spenden Hersteller solche Lebensmittel palettenweise.

Außerdem habe die Tafel Twistringen laut Seidel eine weitere Möglichkeit Lebensmittel zwischenzulagern und tiefzukühlen – beim Unternehmen Gemüse Meyer. „Damit die Kühlkette nicht unterbrochen wird, verfügen zudem beide Sprinter der Tafel über Kühlaggregate.“

Für den Tafel-Umzug kommt auch Unterstützung vom Hildegard-von-Bingen-Gymnasium Twistringen. Sechs ehemalige Schüler packen tatkräftig mit an. Die frischgebackenen Abiturienten haben ihre Prüfungen bestanden und wollten nun ihre Zeit sinnvoll nutzen, so auch Robin Stubbe (19) und Emma Büter (18). „Endlich fertig“, freut sie sich über den Abschluss ihrer Schulzeit. Im kommenden Jahr will sie ein Studium beginnen, davor vielleicht verreisen und jetzt etwas nützliches mit ihrer Freizeit anfangen, sagt Büter, die auch Gruppenleiterin in der Jugendfreizeit ist. So ähnlich sieht es auch Stubbe, der Jura studieren möchte. Doch nun hieß es erst einmal Regale abschrauben, das Büro der Tafel ausräumen oder beim Verladen anpacken: „Wir helfen, wo immer wir gebraucht werden“, so Stubbe.

Nach dem Umzug und sobald alles eingeräumt und an seinem Platz ist, startet die die Ausgabe der Lebensmittel an der Vechtaer Straße 6 am Dienstag, 6. Juli. Anschließend öffnet die Ausgabe donnerstags und dienstags. Bedürftige müssen sich dafür eine Berechtigung abholen. Vor Ort bezahlen die Kunden dann einen kleinen Betrag. „Dafür bekommen sie rund einen Wocheneinkauf zusammen“, sagt Seidel. Er hilft seit vielen Jahren bei der Tafel. „Man ändert schon seine Einstellung zu Lebensmitteln, auch zu Hause. Man überlegt, wie viel man beim Supermarkt einkauft“, stellt er fest. Zudem ist es „immer wieder schön, bei der Ausgabe das Leuchten in den Augen der Kunden“ zu sehen, sagt Seidel.

Damit der Nachschub an Lebensmitteln bei der Tafel nicht versiegt, sammeln die ehrenamtlichen Fahrer in der Regel vormittags die gespendete Ware aus der Region – meist von großen Lebensmittelketten, aber auch von anderen Großspendern. Die normale Route der Sprinterfahrer führt über Warnsdorf, Goldenstedt nach Harpstedt und manchmal auch bis Wildeshausen, berichtet Seidel. Danach sei das Fahrzeug randvoll mit Lebensmitteln und es gehe zurück.

Vor Ort am Tafel-Standort sortieren weitere Helfer die Ware noch einmal. „Das, was man selber nicht mehr essen würde, wird auch nicht ausgegeben“, versichert Seidel. Mittwochs versorgt die Twistringer Tafel zudem die Kollegen in Warnsdorf und freitags die Tafel in Bassum.

Alles werde verwertet. Lebensmittel, die nicht mehr für die Ausgabe an die Kunden geeignet sind, kämen als sogenanntes Gnadenbrot zum Bauern, um Tiere zu füttern. Altes Gemüse hingegen wandere beispielsweise bei Meyer Gemüsebearbeitung in die Biogasanlage. Bei der Tafel gehe es eben neben der Unterstützung für Menschen, die Hilfe brauchen, auch um die Wertschätzung und die Verwertung der Ressource Lebensmittel.