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Martin Lütjen - Foto: Theo Wilke

Twistringen - Von Theo Wilke. Was macht eigentlich Martin Lütjen, der sich 2015 nach 45 Jahren aus dem öffentlichen Dienst verabschiedet hat? – „Ja, was mache ich eigentlich so? – Heute ist Babysitten dran. Unsere Enkelkinder sind ein großes Glück für uns“, schwärmt der Pensionär. Endlich mehr Zeit für die Familie, auch für den Naturschutz.

 

Ist dem ehemalige Schulleiter des Twistringer Hildegard-von-Bingen-Gymnasiums nach 20 Jahren der Abschied schwer gefallen? Lütjen überlegt nicht lange: „Ich habe erstaunlich schnell Abstand gewonnen. Auch weil ich wusste, dass die Schule in guten Bahnen weiterläuft.“ Und wenn er morgens auf dem Fahrrad am Gymnasium vorbeifährt, verspürt er keinen Drang, mal eben auf den Schulhof zu gehen und Moin zu sagen. „Ich komme nur in die Schule, wenn ich eingeladen werde.“, betont er.

Natürlich kommt er gerne zu besonderen Veranstaltungen und freut sich jedes Mal über die Weiterentwicklung des Gymnasiums. Über neue Ideen, die dort entwickelt werden, über das, was im Vorfeld zum 13. Schuljahr (G9) räumlich ermöglicht wird – ohne einen neuen Jahrgangstrakt bauen zu müssen, der „heute gar nicht mehr zu bezahlen wäre“, meint Martin Lütjen.

90 Prozent der Kiebitze sind nicht mehr da

Engen Kontakt pflegt er weiterhin zum Förderverein der Schule, kümmert sich ein bisschen um die bisherigen Abiturienten. „Das regelmäßige Treffen der Ehemaligen vor Heiligabend im Klausi’s ist seit 2012, seit dem ersten Abi-Jahrgang fest gebucht.“

Seit etwa 15 Jahren ist Lütjen Naturschutzbeauftragter für den Nordkreis Diepholz, ist als Fachmann gefragt, etwa bei öffentlichen Projekten und Verfahren. „Ich kann mich zu Dingen äußern, die bei der Planung bislang nicht berücksichtigt worden sind.“ Vor einigen Wochen beschäftigte Lütjen beispielsweise der Kahlschlag einer Feldhecke im Raum Ehrenburg. Am Ende stellte sich heraus: Die Hecke war auf den Stock gesetzt worden.

Die meiste Zeit arbeite er aber im Beirat der Naturschutzstiftung. Da seien viele Interessengruppen vertreten, zum Beispiel in Sachen Flurbereinigung. Schlatts und Renaturierung seien immer noch Schwerpunktthemen.

An der Alten Ziegelei in Twistringen gibt es drei Kiebitz-Sammelstellen. Regelmäßig fährt Martin Lütjen dorthin. „Ich kann sagen, dass 90 Prozent der Kiebitze nicht mehr da sind.“ Vor 20 Jahren noch hätten sich dort 300 bis 400 Kiebitze versammelt. Jüngst habe er gerade mal acht Vögel gezählt.

Naturschutzarbeit macht glücklich

In seiner Zeit als Gymnasiumsleiter hat sich Lütjen schon dafür eingesetzt, dass Schüler nicht nur „mit Wissen vollgestopft“ werden, sondern über die Naturschutzstiftung herangeführt werden. „Ich bin überzeugt, dass diese Art der Naturschutzarbeit nachhaltig ist.“ Es bereichere nicht nur sein Pensionärsleben, sondern mache ihn auch glücklich, wenn in Zukunft noch viele Kinder und Jugendliche von der Stiftungsaktion „Kinder in die Natur“ profitieren.

Häufiger zu Hilfe gerufen wird er als ehrenamtlicher Landesbeauftragter für Fledermäuse. „Da habe ich schon Einblicke in viele Schlafzimmer bekommen“, erzählt Lütjen. Nachts krabbeln Fledermäuse unter dem Dach zu ihren Tageshangplätzen. Das ist manchmal nicht zu überhören. Und dann fürchten Menschen, es könnte auch ein Marder sein. Da würde alles zernagt, gekotet und es würde stinken. „In den meisten Fällen gelingt es mir, die Menschen zu überzeugen, dass das nicht stimmt.“ Lütjen rät dann, die Fledermäuse zu beobachten.

Was ist dem Naturfreund noch wichtig? Reisen, Gartenarbeit und Botanik. „Meine Frau ist für die Feinarbeit, ich bin fürs Grobe zuständig“, sagt er augenzwinkernd.